29.12.2024
Weihnachtsbrief des Superintendenten
Es ist so viel, was uns schreckt und ängstigt, und doch haben wir in diesen unruhigen Tagen voll Hoffnung das Fest der Christgeburt gefeiert.
In dem Altarfenster von Fritz Körner, das kürzlich dem neu gestalteten, beeindruckenden Chorraum der Jena-löbnitzer Dorfkirche eingefügt wurde, ruht das Jesuskind in der innigen Umarmung seiner Mutter Maria. Das 1932 geschaffene und in vergrößerter Fassung ausgeführte Chorfenster verschönert den wunderbaren Weihnachtsbilderkranz unseres Kirchenkreises. Der bekannte Jenaer Glaskünstler folgt alten Vorbildern der gekrönten Madonna mit Christuskind, wie z. B. ihrer Darstellung im 2024 restauratorisch gesicherten Flügelaltar des »Meckfelder Meisters« von 1504 in der Kirche Ammerbach (s. Bild unten).
Wie oft in diesen Kunstwerken zu sehen, hält das Kind einen Apfel in der Hand. Das Motiv interpretiert die traditionelle Auslegung: So wie durch die Frucht, die Adam und Eva trotz des Verbots vom Baum der Erkenntnis aßen, die Sünde in die Welt kam, so kommt Jesus als »neuer Adam« zur Welt, wie Paulus ihn nennt, um die verletzte Gottesbeziehung durch seinen Erlösertod am Kreuz zu heilen. Man kann in der Gartenfrucht zugleich auch ein Symbol der Lebenszusage, der Fülle und der Fruchtbarkeit erkennen. Gott wird uns in der Geburt dieses Menschenkindes gleich, seine Liebe durchdringt und nährt unser Leben, rettet aus Not und Ängsten, lehrt uns Frieden und seine Schöpfung mit ihren paradiesischen Gärten und Gaben zu achten.
Fritz Körner knüpft an diese Gedanken an. Der neugeborene Jesus reicht den Apfel über eine farblich unterscheidende Grenzlinie hinweg seiner Mutter - und führt seine Hand damit gleichzeitig in eine andere Dimension - wohin? Zu uns? Zu Dir? »Den aller Weltkreis nie beschloss, der liegt in Marien Schoß.« Blaue Licht-Wasser-Strahlen jedenfalls umfließen und umfangen die getrennten Bereiche; die Gesichter von Mutter und Sohn sind einander zärtlich zugewandt.
Maria trägt eine Krone, aber nur symbolisch. Sie ist eine einfache Frau aus dem Volk. Doch sie jubelt als Gekrönte »mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes«. Gott erhebt Niedrige und stößt Gewaltige vom Thron. Diese Zuversicht verbindet uns mit Maria und denen, die sich damals zuerst anrühren ließen, mit den Hirten, den Ärmsten der Armen, und dann mit allen, die sich bis heute von der Botschaft bewegen lassen: »Euch ist heute der Heiland geboren!«
Gott, der in der Krippe zu Bethlehem lag, segne unseren Weg vom Christfest her in die weihnachtliche Zeit. Er sei uns nah im Zusammensein unserer Familien, und auch denen, die allein sind oder im Dienst für uns! Der die Zeit in Händen hat, schenke uns ein neues segensreiches und friedlicheres Jahr 2025! Ich wünsche es uns mit herzlichen Grüßen,
Ihr Sebastian Neuß, Superintendent