Für die evangelischen Christen hat am Aschermittwoch die Passionszeit begonnen. In der Passionszeit haben die Sonntage eigene lateinische Namen. Morgen zum Beispiel wird der Sonntag Okuli gefeiert. Das klingt sehr fremd und ungewöhnlich, deshalb will ich der Bedeutung dieses Namens nachgehen. Okuli ist die Mehrzahl von Okulus. Für Okulus gibt es verschiedene Bedeutungen: u.a. das Auge, aber ein Okulus kann auch eine Knospe sein. Wenn sie einen Garten haben, dann erinnern sie sich bestimmt daran, dass beim Verschneiden von Bäumen oder Rosen die verbleibenden Augen gezählt werden. Schließlich sollen die Triebe, die sich aus dem Auge entwickeln einen guten Ertrag bringen.
Jetzt im Frühjahr erneuert sich die Natur. Die Frühblüher zeigen ihre Blüten, liefern ersten Nektar, es wird hell und warm. Viele Menschen strömen nach den dunklen Wintertagen in die Natur, nehmen das explodierende Leben mit den Augen in sich auf. Alle freuen sich über das wiedererwachende Leben und hoffen auf Lebenskraft und Freude.
Genau zu diesem Zeitpunkt des Jahres ist die Passionszeit, die Zeit der Umkehr aber auch des Aufbruches und Neubeginns. Das scheint sich zu widersprechen.
Ich empfinde das nicht so.
Jesus Christus, der Gekreuzigte, ist gestorben, um uns Gott wieder näher zu bringen. Er ist auferstanden um uns zu erlösen. Auch hier finden wir Umkehr und Neuanfang. Uns wird etwas geschenkt. Wir können uns aufrichten und neu beginnen, wie es in der Natur geschieht.
Das Aufblühen der Natur schenkt mir Kraft und Hoffnung zu glauben. In diesen Momenten spüre ich auch die Zuwendung Gottes zu mir und zu seiner Schöpfung.
Mit der Kraft zu glauben, kann ich die Menschen besser erkennen. Durch das Hinsehen kann Hilfe entstehen, Gemeinschaft wachsen, Freude geteilt werden.
Nutzen auch Sie Ihre Augen! Sehen Sie hin!
In der Natur, bei einem Gespräch oder wo immer Sie das Gefühl haben, dass es notwendig ist, genauer hinzusehen, damit die Knospen blühen.
Mit hoffnungsvollem Blick auf die Zukunft grüßt Sie Prädikantin Bärbel Vogt